Am 29. Oktober wollen die selbsternannten „Verteidiger Europas“ ein Forum in den prunkvollen Redoutensälen des Landes Oberösterreich organisieren. Zu den ReferentInnen und AusstellerInnen wurde bereits viel geschrieben, wir haben uns nun die OrganisatorInnen des Kongresses näher angesehen. Zum Vorschein gekommen ist ein weit verzweigtes rechtsextremes Netzwerk inmitten von Linz.

Wer steckt hinter dem Kongress?

Sitz der Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM), das "Ellbognergut". (Fotoquelle: stopptdierechten.at)
Sitz der Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM), das „Ellbognergut“ (Fotoquelle: stopptdierechten.at)

Als offizieller Veranstalter des „Verteidiger Europas“-Kongress gilt der „Verein für Meinungsfreiheit und unabhängige Publizistik“. Seinen Sitz hat dieser Verein in einem stattlichen Bauernhof mit dem Hausnamen „Ellbognergut“, im Linzer Stadtteil Bindermichl-Keferfeld, in der Ellbognerstraße 60. Vereinsobmann ist Ing. Karl Winkler, der zugleich auch Besitzer des Objekts ist, das vom Archiv der Stadt Linz als Kulturdenkmal ausgewiesen wird. Auf den ersten Blick ist an diesem Vierkanter auch nichts auffällig, im Internet werden sogar Produkte ab Hof zum Verkauf angeboten.

Doch jedes Jahr lädt die schlagende rechtsextreme „Akademische Burschenschaft Arminia Czernowitz zu Linz“ zur Sonnwendfeier aufs Ellbognergut ein. Gern gesehener Gast ist dabei stets Detlef Wimmer, FPÖ-Vizebürgermeister der Stadt Linz und „Alter Herr“ der Armina Czernowitz. Fehlen darf natürlich auch Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner nicht. Der Landesparteiobmann der FPÖ Oberösterreich ist „Alter Herr“ des Corps Alemannia-Wien zu Linz, also jener Verbindung, die den SA-Sturmführer Horst Wessel nie aus ihren Mitgliederlisten gestrichen hat. Die Sonnwendfeiern sind aber auch darüber hinaus äußerst gut besucht, so zum Beispiel von Mitgliedern des Österreichischen Turnerbunds (ÖTB), dessen langjähriger Funktionär Karl Winkler war.

Der „Verein für Meinungsfreiheit und unabhängige Publizistik“ zeichnet sich auch für das rechtsextreme „Info Direkt“-Magazin verantwortlich, das neben „unzensuriert.at“, der Onlineplattform des ehemaligen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Grafs (FPÖ), zu den offiziellen Medienpartnern des Kongresses zählt.

Der umtriebige Vereinsobmann ist zudem Jagdleiter von Kleinmünchen und bekleidet eine leitende Funktion in der Österreichischen Landmannschaft Oberösterreichs (ÖLM). Dieser selbsternannte Vertriebenenverband wird vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextreme Organisation eingestuft. Die Landmannschaft pflegt laut DÖW enge personelle und organisatorische Verbindungen zur FPÖ und unterhält rege Kontakte zur NPD und anderen stramm-rechten Organisationen, dabei kommt ihr eine wichtige integrative Funktion für das deutschnationale und rechtsextreme Lager zu.

Gesichtet wurde auf den alljährlichen Sonnenwend-Feierlichkeiten auch der Linzer FPÖ-Gemeinderat Wolfgang Grabmayr, der unweit des Ellbognerguts in der Dieselstraße 4 einen Paketshop betreibt. Grabmayrs Firmenadresse dient auch als Sitz des oben bereits erwähnten „Info Direkt“-Magazins.

„Villa Hagen“ – Rechtsextremer Hotspot am Fuße des Pöstlingbergs

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Die „Villa Hagen“ am Fuße des Pöstlingbergs

Der Linzer FPÖ-Politiker Grabmayr wird zudem als Vorstandsmitglied des „Studentenheim Urfahr“ geführt, dem Trägerverein der „Villa Hagen“ in der Hagenstraße 20 in Linz Urfahr. Dort hat er die Funktion des Kassiers inne.

Mit ihm sitzt Mag. Wolfgang Kitzmüller im besagten Vereinsvorstand, der FPÖ-Gemeinderat von Kirchschlag ist dort Schriftführer. Kitzmüller musste sich vor drei Jahren vor Gericht verantworten, weil er auf Facebook postete: „Ich hab´s schon mal zum Ausdruck gebracht: ab mit den Schwuchteln hinters Voest-Gelände“. Das Nazi-Regime unterhielt neben dem Gelände der damaligen Hermann Göring-Werke (nunmehr Voest) Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen. Vom Vorwurf, er wolle Homosexuelle in ein solches Lager sperren, wurde er im Zweifel freigesprochen.

Der freiheitliche Gemeindepolitiker ist mit Anneliese Kitzmüller verheiratet. Die FPÖ-Nationalratsabgeordnete wird nicht nur als Mitglied der Pennalen Mädelschaft Sigrid zu Wien geführt und ist Vorstandsmitglied der rechtsextremen Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM), sondern betätigt sich auch noch im weit rechts angesiedelten Dinghofer-Institut. Als Namensgeber des Vereins gilt der deutschnationale und antisemitische Politiker Franz Dinghofer. Anneliese Kitzmüller eröffnete im Jahr 2014 übrigens gemeinsam mit dem Landeshauptmann von Oberösterreich, Dr. Josef Pühringer, den rechtsextremen Burschenbundball in Linz.

Die Villa in der Hagenstraße 20 ist aber keineswegs nur ein einfaches StudentInnenheim, sondern Hotspot des organisierten Rechtsextremismus in Linz. Ihren Sitz hat dort die deutschnationale Burschenschaft Arminia Czernowitz, die wie bereits erwähnt, alljährlich zur Sonnwendfeier auf das Ellbognergut einlädt. Auch die „heimattreue“ Volksküche der Arminia Czernowitz, die „VOKÜ Linz“, ist in den Räumlichkeiten der Villa Hagen untergebracht. Neuerdings unterhalten auch die Identitären in den Kellerräumen des Gebäudes ihr „Khevenhüller-Zentrum“. Die Vereinsräume mit den besonders auffällig vergitterten Fenstern sind nach dem im Jahr 1683 in Linz geborenen kaiserlichen Kriegsfürsten Ludwig Andreas von Khevenhüller benannt.

„Info Direkt“ – ehem. Führungskader des „Bundes freier Jugend“ hält die Zügel in der Hand

Unter Lutz Weinzinger, dem damaligen FPÖ-Obmann von Oberösterreich, und dem Burschenschafter Detlef Wimmer, der schon immer ein enges Verhältnis zu ehemaligen Mitgliedern des „Bundes freier Jugend“ (BfJ) pflegte, wechselten die BfJ-Mitglieder nahezu nahtlos in den RFJ Oberösterreich über – nachdem dort die alten Mitglieder seinerzeit Jörg Haider die Gefolgschaft erwiesen und in das BZÖ eingetreten waren.

Der „Bund freier Jugend“ löste sich 2008 auf, nachdem die Führungsriege wegen des Verdachts anhaltender Verstöße gegen das NS-Verbotsgesetz inhaftiert wurde und bei einer Hausdurchsuchung umfangreiches Material beschlagnahmt wurde.

Als heimlicher Vorsitzender des BfJ, der Jugendorganisation der „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AfP), galt damals bereits Stefan Magnet. Er war langjähriger Verfasser des BfJ-Magazins „Jugend Echo“, das sich selbst als die „Kampfschrift der nationalen Jugend in Österreich“ sah. Magnet, gelernter Speditionskaufmann, wechselte nach seiner Haftentlassung als Prokurist zu Moser Medien Group Austria (MMGA) nach Wels, wo er Heinz Christian Straches-Paintballpartner und ehemaligen stellvertretenden NPD-Vorsitzenden Andreas Thierry unter falschem Namen ins Unternehmen holte. Sowohl Thierry als auch Stefan Magnet mussten, nachdem die Sache aufgeflogen war, das Unternehmen verlassen.

Magnet machte sich daraufhin selbständig und gründete die MS Medienlogistik eU, die ihren Sitz in Gmein 5 bei St. Agatha hat. Sein Unternehmen übernahm im Laufe der Zeit Filmaufträge von jenen Ressorts des Landes Oberösterreich, die von der FPÖ unter Manfred Haimbuchner geführt wurden bzw. werden. Neben seiner Werbefirma betätigte sich Stefan Magnet zeitweise auch als Security bei FPÖ-Großveranstaltungen.

Als im Jahr 2015 das Magazin „Info Direkt“ startete, wurde es von Anfang an von Stefan Magnet und seiner Frau Monika logistisch betreut. Der Versand der Zeitschriften erfolgte nämlich aus St. Agatha. Mittlerweile werden auch viele Artikel im neurechten Magazin von Stefan Magnet verfasst, beziehungsweise aus anderen Medien, wie dem „Wochenblick“, übernommen. Magnet trat auch bereits mehrfach bei Veranstaltungen des Magazins auf.

Burschenschaft Arminia Czernowitz als Bindeglied

Eine weitere Verbindung des Rechtsextremismus zur FPÖ ist Felix Müller, der sich für „Info Direkt“ bereits als angeblicher „Flüchtlingsexperte“ ausgab. Müller kandidierte bei den Gemeinderatswahlen 2009 für die FPÖ Linz und ist Mitglied der schlagenden Burschenschaft Arminia Czernowitz. In die FPÖ und zur Burschenschaft geholt hatte ihn Detlef Wimmer, als dieser noch Vorsitzende des RFJ Oberösterreich war.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch Ulrich Püschel. Er ist Schriftführer der Armina Czernowitz und Ortsparteiobmann-Stellvertreter der FPÖ-Ortsgruppe Urfahr-Mitte. In dieser Eigenschaft organisierte Püschel im April 2010 einen Vortrag von Richard Melisch im Linzer Gasthaus Lindbauer (das Gasthaus distanzierte sich von dieser Veranstaltung) zum Thema „Der letzte Akt – Die Kriegserklärung der Globalisierer an alle Völker der Welt“. Püschel, der bei der Veranstaltung selbst anwesend war, bewarb diese mit einem nur wenig kaschierten NSDAP-Motiv, einer Schlange, die sich um Arm und Faust windet. „Die Faust steht für das Deutschtum, die Schlange für das Judentum“, erklärt das DÖW die Symbolik. Wimmer bestätigte in einem Radiointerview die Organisation der Veranstaltung durch Püschel, ohne jedoch seinen Namen explizit zu erwähnen.

Wie so oft kommt der Arminia Czernowitz auch am 29. Oktober eine zentrale Rolle zu und nicht zum ersten Mal tritt die Burschenschaft gegenüber dem Land Oberösterreich als Mieter der Redoutensäle auf. Bereits im Oktober 2012 veranstaltete sie ein Symposium „Missbrauch der Pressefreiheit“, bei der die Festrede Götz Kubitschek hielt. Also jene Person, die in Schnellroda (Deutschland) den Antaios Verlag betreibt, der die Zeitschrift Sezession herausgibt und auch Identitäre aus Österreich ausbildet. Martin Sellner, Vorsitzender der „Identitären Bewegung“ in Österreich, ist dort gern gesehener Gast und Autor.

Verfolgt man die Postings und Kommentare der Arminia Czernowitz auf Facebook, wird schnell klar, dass diese hinter den gesamten Vorbereitungen des Kongresses stecken – und damit ist auch gar nicht mehr so verwunderlich, dass die FPÖ das rechtsextreme Großevent bereitwillig unterstützt, ist sie doch de facto Mitorganisatorin.

Die Arminia Czernowitz hat sich darüber hinaus längst zu einem der wichtigsten Akteure der rechtsextremen Szene in Oberösterreich entwickelt, denn die Burschenschaft ist nicht nur Bindeglied zwischen dem Rechtsextremismus auf der Straße und der FPÖ als Partei, sondern auch zur rechtsextremen Strömung „Neue Rechte“, zu der auch die Identitäre Bewegung zuzuordnen ist.

Identitäre Bewegung – neurechte Kontakte zu militanten Neonazis

Über die Burschenschaft Arminia Czernowitz schließt sich nun auch der Kreis zur „Identitären Bewegung“ (IBÖ), die diesen Kongress ebenso unterstützt. Dass die IB keine harmlose, pop-rechte Jugendorganisation darstellt und selbst ihre öffentlichen Distanzierungen vom Neonazismus nur als taktisches Manöver zu werten sind, zeigt sich spätestens dadurch, dass die „Identitäre Bewegung“ Österreich auch zu (militanten) Neonazis Kontakte unterhält.

So ist die „Identitäre Bewegung“ mit dem braunen Rand der Fußball-Szene bestens vernetzt, man pflegt beispielsweise enge Kontakte zu rechten Hooligans der Fanklubs „Alte Garde Rapid“, „Unsterblich Wien“ und „Inferno Wien“. Die Identitären wiederum sind gern gesehene Gäste im „Gasthaus zur Alm“ im zweiten Bezirk in Wien, unter dem Motto „Mittelmeer statt Armlänge“ lud die IB zu einer Party ins Gasthaus ein. Der Lokalbesitzer ist für seine einschlägigen Aktivitäten bereits seit vielen Jahren bekannt, beispielsweise veranstaltete er in seinen Räumen ein Solidaritätskonzert der rechtsextremen Szene für den im Jahr 2009 wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilten Anhänger des Neonazi-Netzwerks „Blood & Honour“ Jürgen Kasamas. Laut dem Rechtsextremismus-Experten Uwe Sailer war Kasamas zeitweise auch als Bodyguard für Gottfried Küssel tätig.

Kongress soll rechtes Netzwerk in Oberösterreich festigen

Der „Verteidiger Europas“-Kongress am 29. Oktober hat für den organisierten Rechtsextremismus in Oberösterreich und ganz Österreich eine zentrale Bedeutung: Mit dieser Veranstaltung sollen die Verbindungen zwischen den rechtsextremen Organisationen gefestigt werden, die Kontakte zu Gleichgesinnten im benachbarten Ausland gestärkt und gleichzeitig auch Oberösterreich als Dreh- und Angelpunkt der extremen Rechten in Position gebracht werden. Die Wahl der prunkvollen Redoutensäle als Veranstaltungsort soll hierfür eine klare Machtdemonstration darstellen.

Es zeigt sich aber auch: Zwischen dem außerparlamentarischen Rechtsextremismus, den deutschnationalen Burschenschaften und der FPÖ – allen voran deren Linzer Stadtpartei – passt längst kein Blatt Papier mehr. Ideologisch wie auch organisatorisch sind die Übergänge fließend und viel zu oft auch deckungsgleich.

Wer nun immer noch die Augen verschließt und am Kongress nichts Bedenkliches erkennen mag, verharmlost dabei – bewusst oder unbewusst – die Gefahr des organisierten Rechtsextremismus.