„Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!“
An die Nachgeborenen, Bertolt Brecht
Das Bündnis „Linz gegen Rechts“ gründete sich im Oktober 2013, um gegen den deutschnationalen Burschenbundball im darauffolgenden Jahr zu mobilisieren. Ziel war es, unsere gemeinsamen Kräfte gegen dieses rechtsextreme Großereignis zu bündeln und über viele Organisationsgrenzen hinweg einen lautstarken, breiten und friedlichen Protest auf die Straße zu tragen.
Damit war es aber längst nicht getan: Als Bündnis „Linz gegen Rechts“ beteiligten wir uns rund um den Geburtstag des faschistischen Diktators Adolf Hitler an der antifaschistischen Demonstration in Braunau am Inn, auf der alten Linzer Eisenbahnbrücke entrollten wir ein Transparent mit der Forderung „Free Josef“ und entzündeten dabei bengalische Fackeln als Zeichen unserer Solidarität mit den von Polizeiwillkür betroffenen AntifaschistInnen und mobilisierten zur breiten und internationalistischen Demo gegen den Besuch Erdogans nach Wien. Unter dem Motto „Antifaschismus ist kein Verbrechen!“ protestierten wir wenige Tage nach der Verurteilung Josefs vor dem Linzer Landesgericht gegen dieses Skandalurteil und forderten gleichzeitig Freiheit für unseren Genossen Hüseyin und die Abschaffung des Landfriedensbruch-Paragrafen. In einer anschließenden Buchvorstellung informierten wir über die „Identitären“ als Jugendbewegung der Neuen Rechten. Genauso aber stellten wir uns fundamentalistischen AbtreibungsgegnerInnen in den Weg, um gegen die menschenverachtende Bevormundung der Frau anzukämpfen.
Selbstverständnis
Aus diesen Kämpfen heraus haben wir uns auf ein politisches Selbstverständnis verständigt, das wir als Kompass und Wegweiser für eine produktive und gemeinschaftliche Zusammenarbeit im Bündnis „Linz gegen Rechts“ anerkennen:
Das Bündnis „Linz gegen Rechts“ ist ein breites, antifaschistisches und internationalistisches Bündnis. Wir verstehen uns als aktiver und ständiger Zusammenschluss von demokratischen und antifaschistischen Organisationen, Vereinen und Parteien, die es sich zum Ziel gesetzt haben, alle Spielarten von Rechtsextremismus und (Neo-)Faschismus, von Rassismus, Antiziganismus und Antisemitismus konsequent zu bekämpfen, genauso aber gilt unser gemeinsamer Kampf sexistischen, homophoben und anderen reaktionären Gesellschaftsbildern.
Unsere Solidarität hingegen gilt allen Menschen, die mit uns diese Ziele teilen und gegen Rechtsextremismus und Neofaschismus auf die Straße gehen.
Unserem Verständnis nach darf Antifaschismus weder Nischenpolitik noch linke Selbstbeschäftigung und schon gar nicht Selbstzweck sein, sondern antifaschistische Arbeit muss sich an breite Teile der Bevölkerung, insbesondere an die Jugend und die ArbeiterInnenklasse, richten und sie muss so gestaltet sein, dass sie den Rechten möglichst großen Schaden bereitet. Deshalb streben wir breite und vielfältige Proteste an, deren Ziel es ist, so viele Menschen wie nur möglich in unsere Protestformen einzubinden. Für uns steht fest, dass wir rechtsextremen und reaktionären Kräften niemals den öffentlichen Raum überlassen werden.
Wir verstehen uns als Teil der antifaschistischen Bewegung in Österreich und so beschränken wir unsere Arbeit nicht nur auf die Stadt Linz, sondern unterstützen antifaschistische Bündnisse und Proteste auch an anderen Orten. Zu unseren wichtigsten PartnerInnen im Kampf gegen Rechts zählen beispielsweise das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus, die Offensive gegen Rechts, das Bündnis „braunau gegen rechts“, Innsbruck gegen Faschismus und die Plattform gegen Rechts in Salzburg.
Um den momentanen Rechtsruck in Europa und die anhaltenden Erfolge rechtsextremer und neofaschistischer Parteien erfolgreich zu bekämpfen, braucht es neben den genannten Protestformen auch weitere Ansätze und Antworten durch die antifaschistische Bewegung: Wir sind davon überzeugt, dass die wirksamste und wichtigste Gegenstrategie gegen rassistische Hetze und rechte Demagogie nur eine Politik sein kann, die darauf abzielt, menschenwürdige und lebenswerte Bedingungen für alle Menschen zu schaffen!
Aktionskonsens
Durch unser Bündnis-Selbstverständnis ergibt sich für uns folgender Aktionskonsens:
- Als Bündnis „Linz gegen Rechts“ wollen wir unsere gemeinsamen Kräfte bündeln, um einen möglichst breiten und lautstarken Widerstand gegen Rechts auf die Straße zu tragen und so rufen wir alle demokratischen und antifaschistischen Organisationen, Vereine, Parteien und unorganisierten Menschen auf, sich an unseren Aktionen und Protesten zu beteiligen.
- Von unseren Protestformen wird keine Eskalation ausgehen! Unser Verständnis von antifaschistischen Protesten ist friedlich, alles andere würde von unseren Zielen und Forderungen ablenken.
- Wenn es als notwendig und sinnvoll erachtet wird, erkennen wir es als legitime Protestform an, unsere Körper als Mittel des zivilen Ungehorsams einzusetzen.
- Wir machen von unserem demokratischen Grundrecht der Demonstration- und Versammlungsfreiheit Gebrauch und lehnen eine Einschränkung dieses Rechts und die willkürliche Kriminalisierung von DemonstrantInnen entschieden und kategorisch ab!
- Wir zeigen uns solidarisch mit allen AntifaschistInnen, die unsere Ziele teilen und gemeinsam mit uns gegen Rechts demonstrieren.
- Wir haben den Anspruch möglichst breite Teile der Bevölkerung über Rechtsextremismus und (Neo-)Faschismus, über die Strukturen und Aktivitäten der Rechten aufzuklären und so organisieren wir neben Demonstrationen auch inhaltliche Veranstaltungen, wie beispielsweise Diskussionsrunden und Workshops.
November, 2014